Let’s talk about it!

Beitragsbild: (c) Pixabay, Benutzer: chenspec

von Elisabeth Korunka

Psychische Krankheiten werden oftmals als Tabu-Thema gesehen. Doch warum eigentlich? Eine Krankheit ist eine Störung der normalen Funktion eines Organs oder Körperteils, auch des geistigen, seelischen Wohlbefindens. Krankheiten sollten in keiner Weise ein Tabu-Thema sein, weder physisch noch psychisch. Schließlich sucht man sich nicht aus, welche Krankheit man in welchem Ausmaß hat. 

Psychische Krankheiten sind auch unter Schüler*innen keine Seltenheit. Laut der Medizinischen Universität Wien leiden knappe 24% (Stand 2017) aller Jugendlichen in Österreich an einer psychischen Krankheit. Bei dieser Studie, wo 340 Schulen teilnahmen, wurden rund 4.000 Jugendliche zwischen 10 und 18 Jahren befragt, davon auch hunderte in persönlichen Interviews. Die meisten Jugendlichen leiden an Angststörungen, Störungen der psychischen und neuronalen Entwicklung, gefolgt von depressiven Störungen. Man sieht auch einen starken Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Jugendlichen. Burschen neigen drei Mal so häufig dazu, an Störungen der psychischen und neuronalen Entwicklung zu erleiden. Dies wäre zum Beispiel das ADHS-Syndrom. Ebenso leiden sechs Mal so oft an Verhaltensstörungen wie zum Beispiel der Impulskontrolle. Mädchen hingegen haben doppelt so oft Angststörungen und zehn Mal häufiger an Essstörungen. Natürlich heißt das jedoch nicht, dass ein Junge keine Essstörung haben kann! Genauso kann auch ein Mädchen an einer Verhaltensstörung erkranken. 

Die Studie hat auch ergeben, dass sich viel zu wenige Jugendliche Hilfe suchen. Weniger als die Hälfte der Jugendlichen, welche in ihrem Leben mindestens einmal an einer psychischen Krankheit erlitten, hat bisher professionelle Hilfe eines Kinder- und Jugendpsychiaters in Anspruch genommen. Ob die Erkrankten zu einem Facharzt gehen hängt auch stark von der Krankheit ab. Beispielsweise suchen Jugendliche mit ADHS rund drei Mal häufiger einen Arzt auf als Jugendliche mit einer Essstörung. Noch seltener suchen Jugendliche mit suizidalen Verhaltensstörungen einen Arzt auf (nur etwa 16,7%), und wiederum noch seltener (nur 10%) mit nicht-suizidalem, selbstverletzenden Verhalten. Das Problem, weshalb sich nur so wenige Hilfe suchen, liegt laut Andreas Karwautz daran, dass es eine große Überwindung ist, einen Arzt aufzusuchen und sich diesem anzuvertrauen, ebenso wie das unzureichende Verständnis der Bezugspersonen für psychische Erkrankungen. Karwautz erwähnt auch, dass das Angebot von Kinder- und Jugendpsychiatern und der dementsprechenden Einrichtungen recht gering ist, da dieses Sonderfach erst seit zehn Jahren (Stand 2017) existiert. 

In einer weiteren Studie vom Department für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit der Donau-Universität Krems Ende letzten Jahres wurde die psychische Gesundheit von Schüler:innen unter die Lupe genommen. Daraus geht hervor, dass 62 Prozent der Mädchen sowie 38 Prozent der Jungen mittelgradige depressive Symptomatik zeigen. Bei dieser Studie wurden rund 1.500 Schüler:innen zwischen 14 und 20 Jahren österreichweit untersucht worden. Ungefähr ein Fünftel der Mädchen sowie etwa 14 Prozent der Burschen leiden unter wiederkehrenden suizidalen Gedanken. Diese Zahlen der psychisch belasteten Jugendlichen sind laut Studienautor Christoph Pieh sehr besorgniserregend. 

Ich möchte das Format „Let’s talk about it!“ nutzen, um über diese „Tabu-Themen“, welche keineswegs tabu sind (!), zu sprechen beziehungsweise zu schreiben. Psychische Krankheiten sollten auch von unserer Gesellschaft als Krankheiten angesehen werden, und nicht unter den Tisch gekehrt werden mit Worten wie „denk einfach nicht dran“, „das wird schon wieder“ oder „sei nicht traurig“. Schüler:innen müssen lernen, dass sich Hilfe zu holen keineswegs Schwäche, sondern nichts außer Stärke zeigt.

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