Umschreiben von (veralteten) Kinderbüchern – Zensur oder zeitgemäße Anpassung?

Schüler:innen der 3. HAK haben sich damit beschäftigt, ob man veraltete Begriffe und Konzepte in Büchern umschreiben sollte.

Umschreiben von Kinderbüchern – Zensur oder zeitgemäße Anpassung? – Christoph Jethan

Bücher wie „Charlie und die Schokoladenfabrik“ und „Matilda“ kennt fast jeder. Sie zählen zu den berühmtesten Kinderbuch-Klassikern und haben die Kindheit Millionen Heranwachsender begleitet. Doch eben jene Bücher werden aktuell mit teils schwerwiegenden Änderungen umgeschrieben, um in ein zeitgemäßes Narrativ zu passen. Ausdrücke wie „fett“ und „hässlich“ werden reihenweise durch politisch korrekte Begriffe ersetzt. Männliche Hauptpersonen werden von weiblichen abgelöst, die Charaktere mit modernem Gedankengut wie Feminismus und Antikolonialismus ausgestattet. Frauen mit stereotypischen Berufen arbeiten in den neuen Fassungen an der Spitze der Hierarchie. 

Sind solche Änderungen wirklich nötig? Müssen zeitlose Klassiker einen neuen, politisch korrekten Anstrich bekommen? Wo liegt der Unterschied zwischen Veränderungen aus zeitgemäßen Bedenken und Zensur vom Originalwerk des Autors und wer darf entschieden, was bleibt und was gehen muss? Solch grobe Umgestaltungen sind jedenfalls nicht ohne Kritik zu betrachten. Ob nun jedes betagte Kinder- und Jugendbuch neue Heldinnen, neue Geschlechterrollen, neue Ausdrücke und neue Ansichten braucht, sei dahingestellt. Wieso wird hier etwas politisiert, das nie politisch war. Ein Buch wird nicht weniger Wert, nur weil es in einer anderen Zeit mit anderen Auffassungen geschrieben wurde. Sicher gibt es auch positive Aspekte, die Kinder lernen von klein auf, aus Geschlechterrollen und Stereotypen auszubrechen und sich selbst zu verwirklichen. Aber dazu sollte es keine Umschreibungen alter Werke benötigen, sondern neue Bücher, Bildung und die Eltern, die einen mit einem modernen Weltbild aufziehen.

In einem Interview mit Lisa Nimmervoll, veröffentlicht im „STANDARD“ am 20. April 2013, erklärt der Schriftsteller Peter Turrini seine Ansichten zum Thema des politisch korrekten Umschreibens von Kinderbüchern. Unter anderem tätigt er die Aussage, „Literatur ist Teil des Protokolls der Zeiten“. Diese Äußerung macht viel Sinn, denn jedes alte Werk gibt uns einen interessanten Einblick in die Denkweise der Lebzeit des Autors. Wäre es nicht schade, wenn solche Aspekte aufgrund moderner Denkweisen verloren gingen? Mit groben Veränderungen erstickt man den Geist einer alten Epoche, die Persönlichkeit des Erstellers wird in gewisser Weise beschnitten, um für neuartige Ideen Platz zu schaffen. Wie sollte man nun mit, aus heutiger Sicht eindeutig, rassistischen und sexistischen Passagen umgehen? Es ist die Erziehung und die Bildung in der Pflicht, aufzuklären. Möglich wäre auch, problematische Äußerungen mit einer Fußnote zu versehen, sie komplett umzuschreiben sollte jedoch nicht die Lösung sein.

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